Bewerbung,

  • Im Bewerbungsgespräch mit echten Stärken punkten

    In meinem vorigen Blogbeitrag beschrieb ich eine Methode zur Ermittlung von Stärken, die auf Ihrer Selbsteinschätzung beruht und mittels eines Tests eruiert werden.

    Heute stelle ich Ihnen ein Tool vor, bei dem es nicht nur um Ihr Selbstbild, sondern auch um die Einschätzung anderer Personen bezüglich Ihrer Stärken geht. Es nennt sich Best-Self-Feedback und wird in unterschiedlichsten Variationen seit Jahrzehnten nicht nur im Coaching, sondern auch in der Personalentwicklung (meist als Alternative zum 360-Grad-Feedback) verwendet. Selbst der von mir so geschätzte Effectuation-Ansatz von M. Faschingbauer greift auf diese Methode zurück, um die Fragen zu beantworten: Wer bin ich? Was kann ich?

    Die Methode im Detail

    Für meine Arbeit rund um die Themen Beruf und Berufung sowie Bewerbung und Gründung habe ich das Tool auf folgende 5 Schritte angepasst. Die Reihenfolge ist entscheidend, denn Sie sollten unbedingt zuerst Ihr Selbstbild und dann erst Ihr Fremdbild erarbeiten.

    • Zunächst fragen Sie sich selbst: „Wann war ich in Hochform? Was ist mir richtig gut gelungen? Und welche Stärken habe ich dabei eingesetzt?“ Dabei notieren Sie sich konkrete berufliche und private Situationen und leiten davon Ihre Stärken ab. Wenn Sie zum Beispiel auf Ihren Studienabschluss stolz sind, dann werden Sie unter Stärken beispielsweise Durchhaltevermögen, Fleiß, gute Planung oder vielleicht die Liebe zu Deadlines anführen können.
    • Wenn Sie nicht nur Ihre Stärken, sondern auch Ihre Entwicklungsfelder erarbeiten wollen, dann fragen Sie sich: „In welchen Situationen stehe ich mir im Weg? Und was tue ich dann konkret?“ Wenn Sie hier beispielsweise eine Konfliktsituation mit einem Mitarbeitenden anführen, werden Sie eventuell als Entwicklungsfeld Ungeduld, fehlende Empathie oder unklare Kommunikation von Zielen ableiten können.
    • Nun geht es zur Fremdeinschätzung. Fragen Sie mindestens zehn Personen, die Sie beruflich oder privat gut kennen, auf persönlichem oder digitalem Weg: „Wann hast Du mich in Hochform erlebt? Was ist mir richtig gut gelungen? Und welche Stärken habe ich dabei eingesetzt?“ Sie werden staunen, wie hoch die Rücklaufquote ist – nach meiner Erfahrung mindestens 90% - und an welche positiven Highlights Sie erinnert werden. Und nicht vergessen: Bedanken Sie sich für das wertschätzende Feedback.
    • Und wenn Sie an Ihrem Entwicklungspotenzial arbeiten wollen, dann fragen Sie dieselben Personen: „In welchen Situationen stehe ich mir im Wege? Was tue ich dann konkret?“
    • Vergleichen Sie nun Ihr Selbstbild mit Ihrem Fremdbild. Wo gibt es Überraschungen? Wo Überschneidungen? Welche Stärken bzw. Potenziale kommen mehrmals vor? Notieren Sie sich die herausragenden Stärken mit der jeweiligen Situationund Sie sind für das nächste Bewerbungsgespräch bestens gerüstet. Denn so können Sie nicht nur Ihre echten Stärken, sondern auch ein authentisches Beispiel dazu erzählen.

    Fazit:

    Eine Auseinandersetzung mit den eigenen Stärken zahlt sich aus. Ob im Lebenslauf, im Bewerbungsgespräch, beim Netzwerken, bei der Formierung eines neues Teams oder bei der Unternehmensgründung ist es essentiell zu wissen, was Sie an Erfahrungen und Stärken einbringen können. Und in agilen und unsicheren Zeiten stärkt dieses Wissen Ihre Resilienz.

     

  • Wie die Digitalisierug den Bewerbungsprozess verändert

    „In 10 Jahren gibt es kein Bewerbungsgespräch mehr.“ „HR Abteilungen werden in den nächsten Jahren mehr als 50% der Mitarbeiter abbauen.“ „Der War of Talents spitzt sich zu.“ So und ähnlich lauten die Schlagzeilen, wenn es um die Folgen der Digitalisierung im Bewerbungsprozess geht.

    In den letzten Wochen habe ich mir diese Themen näher angesehen, da ich die Chance hatte, ein paar High-Tech-Firmen und die Stanford University im Silicon Valley zu besuchen.

    Die optimierte Stellenausschreibung

    In Kalifornien gibt es aufgrund der Vielzahl exzellenter Universitäten, der Ansiedlung internationaler Topfirmen und nicht zuletzt durch eine vitale Start-up Szene viele Menschen unterschiedlichster Religion und Nationalität, die flexibel und hoch motiviert nach ihrem Traumjob suchen.

    Um möglichst viele potenzielle Bewerberinnen und Bewerber anzusprechen, verwenden immer mehr amerikanische Unternehmen Algorithmen für die Formulierung der Stellenausschreibung. Damit wird sichergestellt, dass sich Männer wie Frauen, Europäer wie Asiaten, Katholiken wie Hindus von der Anzeige angesprochen fühlen und sich auf die Stelle bewerben. Zwei Effekte resultieren daraus: 1) die Unternehmen fischen im größtmöglichen Talentepool und 2) Diskriminierung findet nicht statt, da Kompetenzen und Erfahrungen der Jobsuchenden im Mittelpunkt stehen und nicht Herkunft, Geschlecht oder Nationalität.

    Die optimierte Bewerberauswahl

    ATS (Applicant Tracking Systems) sind in Europa seit längerem in Einsatz. Sie scannen die Bewerbungsunterlagen mit definierten Algorithmen nach Schlagwörtern und selektieren für die nächsten Schritte vor.

    An der Universität Stanford mit ihren rund 16.000 Studierenden ist man bei der Bewerberauswahl weiter. Hier sind vorausschauende Methoden im Einsatz, die Aussagen treffen können, wie Studierende aus bestimmten Colleges abschneiden werden. Dies ist aber nicht das einzige Auswahlinstrument. Ein Team von 40 Leuten prüft Noten und Empfehlungsschreiben und sorgt dafür, dass nur rund 4% der jährlichen Bewerbungen pro Jahr erfolgreich sind.

    Auch im Hinblick auf die Analyse der Bewerberinnen und Bewerber gibt es weit fortgeschrittene digitale Anwendungen. IBM Watson beispielsweise bietet ein cloud basiertes Service an, mit dem Jobsuchende in ein paar Sekunden psychologisch analysiert und bewertet werden. Für die Analyse sind rund 6.000 Wörter notwendig und hat der Bewerber eine eigene Homepage und ein paar Profile in den sozialen Medien, gibt es genug Futter für die künstliche Intelligenz. Die grafische Aufbereitung der Persönlichkeitsstruktur und konkrete Empfehlungen sind inkludiert und erscheinen im Vergleich zum herkömmlichen Auswahlprozess mit Persönlichkeitstests, Feedbackgesprächen und Interviews sehr effizient.

    Was bedeutet diese Entwicklung für Jobsuchende und Unternehmen?

    Die Unternehmen haben die Möglichkeit, den Bewerbungsprozess von der Ansprache und bis zur Auswahl weiter zu optimieren und auch deutlich zu verkürzen. Ein Gespräch, um die „soft facts“ abzuklopfen, wird es weiterhin brauchen. Denn: Ob Jobsuchende tatsächlich ins Team passen und wirklich hochmotiviert sind, können aus meiner Sicht nur erfahrene Recruiter und Recruiterinnen feststellen.

    Für die Bewerberinnen und Bewerber bedeuten die digitalen Tools, dass einerseits die Stellenanzeigen besser formuliert werden und andererseits, dass sie sich noch stärker als bisher mit ihren Erfahrungen und Kompetenzen auseinandersetzen werden. Um im Bewerbungsgespräch zu punkten gilt es, die Stärken mit konkreten Beispielen zu hinterlegen und mit authentischen Geschichten die Interviewer und Interviewerinnen zu emotionalisieren. „Teamorientiert“ kann vieles bedeuten, aber wenn in einem kritischen Projekt herausgearbeitet werden kann, was der konkrete eigene Beitrag war, um die Situation zu retten, wird aus einem Schlagwort eine nachvollziehbare Stärke.

     

    Lesen Sie mehr zum Thema Bewerbungstrends im online Standard Artikel vom 3. Jänner 2018.

     

Go to top